Mein erstes #bookupDE beim KiWi Verlag in Köln
Als Geschichtenschreiberin beschäftigt mich eine Frage schon seit Langem: Wie zeitgemäß sind eigentlich Bücher in einer Welt von E-Book-Readern, Smartphones & Co.?
Zugegeben, da bin ich sehr altmodisch. Ich liebe es, in Büchern zu blättern, auf der anderen Seite kann ich mir jetzt schon vorstellen, dass es praktisch ist, alle meine Lieblingsbücher auf einem einzigen Gerät überall dabei zu haben. Dennoch stellt sich doch die Frage, ob und wie Geschichten auf dem Papier und die hinter dem Bildschirm nebeneinander existieren können? Bei meinem ersten #bookupDE beim KiWi Verlag in Köln bekam ich ein paar Antworten auf diese Fragen.
#bookupDE – Hinter diesem Hashtag verbirgt sich eine Veranstaltungsformat, das „Onliner“ und „Offliner“ zusammen bringt und zwar in Buchhandlungen, Bibliotheken und Verlagen. In meinem Fall handelte es sich um ein #bookupDE beim KiWi Verlag in Köln. Bücheraffine Twitterer, facebooker, Bloggerinnen und auch ein paar wenige Blogger waren eingeladen, einen Blick hinter die Kulissen eines der bedeutendsten Literaturverlage im deutschsprachigen Raum zu werfen.
So ein #bookupDE kann auf einen Außenstehenden schon recht bizarr wirken: Wir befinden uns im Veranstaltungsraum vom KiWi-Verlag. Gut dreißig Menschen unterschiedlichstem Alter umringen den Verleger Helge Malchow. Leidenschaftlich berichtet er von seinem Verlag: Ein Team von 50 Mitarbeitern versuche hier täglich gute Bücher bekannt zu machen. Das funktioniere nur, indem die Tradition gewahrt werde, aber immer wieder auch neue Wege eingeschlagen werden. Und dazu gehören schließlich auch wir – die digitalen Leser.
Das Befremdliche dabei: Anstatt ihm höflich zuzunicken oder seine Erzählung mit Ahs und Ohs zu kommentieren, halten fast alle im Raum ihren Kopf gesenkt und tippen wild auf ihren Smartphones herum. Was ein Außenstehender nicht sehen kann, zur gleichen Zeit explodiert Twitter. Der erste Beweis, dass „Onliner“ und „Offliner“ gut harmonieren.
Der Rundgang führt uns vorbei an Regalen voller Manuskript-Stapel, Vitrinen mit den ausländischen Übersetzungen der KiWi-Bücher und an Wänden voller Schwarz-Weiß-Fotos bekannter KiWi-Autoren – Fast an jeder Ecke erfahren wir spannendes über den Verlags-Alltag.
Das schönste Büro gehört dem Verleger Helge Malchow. Er hat sowohl das quirlige Leben des Kölner Bahnhofs im Blick, als auch den Kölner Dom. Beeindruckend ist auch die mit Plakaten versehene Wand in seinem Büro. Die Erfolge des KiWi Verlages – und Verleger Malchow kann vieles über sie erzählen.
Am Ende des Rundgangs wartet eine große Überraschung auf uns. Auf einem Tisch steht etwas, was wie ein aufgebahrter Leichnam wirkt. Wir bookuper versammeln uns darum und es wird ernst.
Vier Mutige erklären sich bereit, einen Blick unter das weiße Tuch zu werfen. Und sieh da, anstelle eines Leichnams sind es Kisten. Darin eine Neuerscheinung des KiWi-Verlags.
Alle bookuper erhalten ein Buch und wiegen es demütig in ihren Händen. Es sieht aus wie die alten Schinken, die man nur noch in der Bibliothek oder bei Opa im Regal findet. Doch es muss neu sein, denn es ist noch versiegelt. In jedem von uns ringt die Neugierige mit dem Respekt vor dem Buch – Ersteres gewinnt bei uns allen. Wir brechen das Siegel und ziehen das Buch mit dem Titel „Das Schiff des Theseus“ aus der Schutzhülle.
Geschrieben ist es von einem Straka. „Ich hoffe, es ist nicht schlimm, dass ich diesen Straka nicht kenne“, flüstert jemand neben mir. Hmm. Straka? Habe ich auch noch nie gehört. Und schon sitzen wir der ersten Fiktion dieses Buches auf. Doch die Lektorin Monika Lang beginnt mit einer Einweisung in das Buch und Stück für Stück beginnen wir, zu verstehen.
Das Buch ist eigentlich gar nicht von Straka, sondern von J. J. Abrams, der mir vor allem als Regisseur und Autor diverser Filme und TV-Serien wie Lost oder Star Trek bekannt ist. Er soll nun auf einer Zugfahrt ein „ausgelesenes“ Buch mit Kritzeleien gefunden haben. Darin schrieb der ursprünglicher Besitzer, dass er das Buch ganz bewusst zurück gelassen habe und wer es findet, soll es lesen, kann darin auch Notizen machen, aber er soll es schließlich wieder zurück lassen, damit es wieder jemand anderen in die Hand falle könne. Diese Idee inspirierte Abrams und zusammen mit dem Autor Doug Dorst entwickelte er das Buch „Das Schiff des Theseus“.
Das Buch hat vier Ebenen: Die Geschichte des Autors Straka (der bereits Fiktion ist), die Anmerkungen eines mysteriösen Übersetzers, handschriftliche Notizen von zwei Studenten und diverse Inlays wie Postkarten, alte Fotos oder Briefe, die ebenfalls Aufschluss über die Handlung geben. Sieben verschiedene Codes sorgen dafür, dass es auch dem aufmerksamsten Leser nicht langweilig wird. Abgefahren.
Monika König, die Leitung der Herstellung, berichtet von den Schwierigkeiten, die die Produktion eines solchen Buches mit sich bringt. Es brauchte eine Menge Ehrgeiz und Leidenschaft, um den Buch die Optik eines verstaubten Leihexemplaren aus den 1950er Jahren gegeben. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Liegt ein Hinweis schräg gefaltet zwischen den Seiten, dann war das auch so geplant.
„So ein Buch kann es nicht in digitaler Form geben“, kommentieren die bookuper im Netz. Auf dem ersten Blick scheint es einleuchtend, denn man will in dem Buch blättern, die Hinweise entdecken, die Postkarten in die Hand nehmen, ihren Zackenrand spüren. Und dennoch glaube ich, dass es nur in einer Zeit der Digitalisierung seinen Platz haben kann. Denn vier Ebenen in einem Medium – dafür braucht es auch ganz bestimmte Lesegewohnheiten. Es geht um vernetztes Denken und Kombinieren, dass wir im Netz am meisten Üben. Zum Beispiel wenn wir einem Redner auf einem #bookupDE folgen und gleichzeitig unsere Gedanken ins Netz posten. Meine Damen und Herren, wertes Gericht, ich präsentieren ihnen den Beweis, dass die Print- und Digitalwelt sehr wohl nebeneinander existieren können.
Bevor sich die bookuper auf Büffet und in zahlreiche Gespräche stürzen können, gibt uns die Lektorin noch einen Tipp: Erst den Text lesen und dann den Anmerkungen widmen. Ganz ehrlich: Meinen Augen fällt sehr schwer, den gedruckten Buchstaben zu folgen, und sich nicht von der Handschrift ablenken zu lassen. Zu groß ist die Neugier. Doch diszipliniert sein lohnt sich.
Das Lesen des Buches macht Spaß. Es ist, als wäre man Ermittler in seinem eigenen kleinen Fall. Zwar ist es nicht immer einfach, alle Fakten im Blick zu behalten, aber es zieht einem in jedem Fall in seinen Bann. Oder wie es die Zeitung „The New Yorker“ beschreibt: „Dieses Buch ist perfekt, dass man seinen Zauber sofort verfällt.“
Blog-Bericht zum #bookupDE auf der Seite des KiWi-Verlags
Buchportrait auf der Seite des KiWi-Verlags
Trailer zum Buch des Theseus auf Youtube.de
Gruppe #bookupDE auf Facebook