Ich halte nichts viel von Neujahrsvorsätzen. Weniger essen? Kein Kaffee mehr? Keine Süßigkeiten? Weniger Schlafen? Ich habe noch nie eingesehen, warum ich mir ein Jahr lang Dinge verbieten soll, die mir eigentlich Spaß machen, um dann am Ende des Jahre wieder fest zustellen, dass ich nichts davon durchgehalten habe. Anders sieht es da mit echten Herausforderungen aus.
Mein Mann ist begeisterter Outdoor-Sportler: robbt durch den Schlamm, klettert über Baumstämme und dreht richtig auf, wenn er dann auch mal im Schnee trainieren darf. Doch jedes Training macht eben erst richtig Spaß, wenn man ein Ziel vor Augen hat. Deswegen schlug er mir für dieses Jahr vor: Lass uns im Sommer die krassfit-Challenge mitmachen.
Krassfit. Da steckt schon viel im Namen drin. Tückisch ist es, die Analyse von hinten anzufangen: Das kleine Wörtchen „fit“ wirkt nämlich auf den ersten Blick unscheinbar. Klingt ein bisschen so wie tüchtig, rüstig oder trainiert. Egal ob fit for fun, Fit im Alter oder Fit in den Frühling – Jeder kann doch heutzutage diesen Zustand erreichen. Interessanter sind dabei die fünf Buchstaben davor: „krass“ – wie extrem abgefahren anstrengend, oder: dich voll an deine Grenzend bringend, oder: in begeisternder Weise furchtbar. Kurzum: Ich hätte drauf kommen können, was mir da bevorstehen würde.
Nun ist mein Gehirn leider so gestrickt, dass ich solche Informationen im Falle einer Herausforderung einfach ausblende. Allein bei dem Wort „challenge“ hören meine Ohren einfach nur eine Provokation. Dann flüstert das kleine hässliche Teufelchen auf meiner linken Schulter: „Ist er zu stark, bist du zu schwach!“ Und so kam es, wie es kommen musste: Ich willigte ein.
Ein Blick ins Internet verriet mir schnell, was die krassfit-challenge eigentlich ist. Es handelt sich um einen Extremhindernislauf, der als „ultimative Herausforderung für Körper und Geist“ beworben wird. Auf einer Laufstrecke, die von 6 bis 18 Kilometer variiert, stehen zahlreiche Hindernisse, „die Challenger an ihre sportliche, physische und mentale Grenzen“ bringen. Oha. Jetzt bleibt mir genau ein halbes Jahr, um krassfit zu werden. Es gibt kein Zurück mehr, also packen wir es an. Oder wie Paul Gauguin es treffend auf den Punkt brachte:
„Die große Herausforderung des Lebens liegt darin, die Grenzen in dir selbst zu überwinden und so weit zu gehen, wie du dir niemals hättest träumen lassen.“
PS: Das Zitat bekommt eine ganz besondere Bedeutung, betrachtet man die Vita des französischen Malers. Paul Gauguin wurde gerade Mal 54 Jahre alt. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er auf Tahiti. Dort hatte er einen Herzanfall, unternahm einen Selbstmordversuch mit Arsen und weil er sich für die Rechte und Interessen der einheimischen Bevölkerung einsetzte sowie die katholische Kirche scharf angriff, wurde er wegen Verleumdung zu einer Haft- und einer Geldstrafe verurteilt. Er starb unter Schmerzen bevor er rechtliche Schritte einleiten konnte.