Warum heiße ich nicht mehr kwerdenkerin?

Kwerdenkerin – es war der perfekte Name. Ich kam darauf nicht ganz ohne Eitelkeit, denn der Name begann mit meinen Initialen. Und auch nicht ohne Stolz eine Frau zu sein, weswegen ich die weibliche Form wählte. Doch im Fokus des Namens stand vor allem der Wunsch nach guten Gedanken. Denn das ist das Futter unseres Leben, das uns glücklich machen kann.

Ich denke mir total häufig: Es ist keine Zeitverschwendung, wenn ich nur einen guten Gedanken mit nach Hause nehme – egal ob total banal oder abgespacet-innovativ. Manchmal tarnt er sich als pragmatische Empfehlung oder ist in einer wissenschaftlichen Abhandlung verpackt, die mich die Welt neu sehen kann. Jeder Gedanke ist anders. Vielleicht hören wir etwas, das wir nicht gleich greifen können. Wir vermuten schon, das hinter der Aussage etwas Kluges steckt und deswegen geben wir uns richtig Mühe und kauen solange darauf herum, bis sie ihren Sinn offenbart. Ein anderes Mal erwischt es wie ein Blitz. „Ja, natürlich! Warum bin ich denn da selbst noch nie darauf gekommen?“

Und wiederum an einem Tag nistet sich ein Gedanke heimlich in unseren Köpfen ein. Wir merken es gar nicht. Vielleicht weil wir zu abgelenkt sind oder zu müde. Irgendwann – wir führen gerade ein spannendes Gespräch mit Freunden, Kollegen oder unserer Familie, fällt er uns plötzlich ein und wir freuen uns, weil gerade dieser Gedanke jetzt das Bild rund macht. Weil er eine Querverbindung von etwas geschaffen hat. Ein neuer Aspekt, der die bereits vorgetragenen Gedanken verbindet. Und genau darum mochte ich das Präfix „Quer“ in dem Wort.

Aber „Querdenker“ ist in den letzten Monaten zu einem Wort der Wut und des Protestes geworden. Es steht für Menschen, die laut sind, und gehört werden wollen. Die sich ungerecht behandelt fühlen und sicherlich auch denken, aber nicht bereit sind, die Querverbindungen zu errichten. Weil das auch anstrengend ist, die Fakten immer zu prüfen, den Gegenargumenten immer genau zuzuhören. Die Assoziation, die die meisten Menschen mit diesem Wort verbinden, passt nicht mehr zu dem, was dieser Blog leisten will. Er will mit Sprache spielen und den Leser*innen eine Freude machen und Fragen aufwerfen, auf die es nicht nur eine einzige Antwort gibt.

Kwerdenkerin war also gestern. Aber heute erscheint der Blog unter dem neuen Kunstwort „Kwarin“. Nicht ganz ohne Eitelkeit beginnt er mit meinen Initialen. Und er lässt der Fantasie kompletten Freilauf: „Kwarin“ könnte ein haariges, vorlautes Monster sein, mit dem ich Abends am Küchentisch bei einem Schnaps über die Sorgen der Welt diskutiere. Hinter „Kwarin“ könnte sich aber auch ein neues Jugendwort verstecken. „Das war voll kwarin – ey.“ Und es bedeutet in etwa „Quatsch in Dosen“. Vielleicht ist „Kwarin“ aber auch ein alter persischer Dichter, der mir die Inspiration der Poesie für tausendundeinen Text gab. Wer weiß das schon so genau. Ich fürchte, ihr müsst euch da eure eigene Meinung schaffen und zum Monatsende in meinem Blog reinschauen.

Herzlich eure Kwarin